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AutorenbildKatja Rösener

Zwischen zwei Jobs

Aktualisiert: 11. Juli 2021

Die Karrierepause perfekt nutzen


Ich weiß nicht wie es euch geht, aber in meiner Erinnerung ist die Zeit zwischen zwei Jobs irgendwie immer geprägt von innerer Unruhe. Die Karriere nimmt eine neue Wendung, die Nervosität vor Antritt der neuen Stelle hat einen voll im Griff oder es gibt noch gar keinen neuen Job und es macht einen wahnsinnig nicht zu wissen wie es weiter geht. Diese Übergangsphase, die heutzutage im Lebenslauf als "in transition"bezeichnet wird, ist in unserer Gesellschaft negativ konnotiert, insbesondere wenn noch nicht genau feststeht wohin die Reise geht. Egal ob du auf der Suche nach neuen Karrierewegen bist oder eine toxische Arbeitsumgebung verlassen musstest, es kann eine riesige mentale Bürde sein erstmal auszusteigen und dann auch noch ins Ungewisse. Daher habe ich für mich einige Strategien entwickelt, wie ich das Beste für mich aus dieser Übergangszeit heraus hole und ich möchte sie mit jedem teilen, der vielleicht mal in einer ähnlichen Situation steckt.


1. Überprüfe deine finanzielle Situation

Das ist wahrscheinlich der unangenehmste Teil in einer Übergangsphase, aber absolut notwendig. Du wirst erstmal kein monatliches Einkommen haben, daher ist es wichtig zu wissen was deine Konten hergeben. Am besten du erstellst eine schriftliche Übersicht was deine fixen Ausgaben pro Monat sind und dann kannst du überschlagen, wie lange du mit deinen Ersparnissen hinkommst. Da ich meinen Ausstieg aus dem Job längerfristig geplant habe, konnte ich mich vorbereiten und habe schon etwa ein Jahr vor dem Ausstiegstermin angefangen Geld beiseite zu legen für die Zeit danach. Wenn das möglich ist, kann ich das jedem nur empfehlen, denn das gibt einem finanzielle Unabhängigkeit von deinen Eltern oder deinem Mann.


Wichtig ist, in der Zeit in der du kein Einkommen hast, immer ein Auge auf seine Finanzen zu haben und nicht von größeren Ausgaben überrascht zu werden. Darüber hinaus solltest du deine flexiblen Kosten versuchen soweit wie möglich zu reduzieren. Einige Ausgaben fallen automatisch weg, zum Beispiel das tägliche Mittagessen mit den Kollegen. Ich habe das gleich mal genutzt, um meine Ernährung zu überdenken und wieder mehr selbst zu kochen mit frischen, regionalen Produkten. Die Familie freut sich! Darüber hinaus gibt es Ausgaben, die scheinen trivial, können sich aber schnell summieren. Muss es wirklich der dritte Streaming-Dienst sein, den du abonnierst? Jede Ausgabe zu hinterfragen und bewusst zu entscheiden, verhilft einem nicht nur zu finanzieller Sicherheit im Übergang zwischen zwei Jobs, sondern gibt einem auch das gute Gefühl der Chef seiner eigenen Finanzen zu sein.


2. Bleibe produktiv, vermeide Prokrastination

Neben den ganzen Behördengängen, die der Jobausstieg nach sich zieht, bringe als erstes deinen Lebenslauf auf Vordermann. Dazu gehört auch ein Update deiner Businessprofile im Netz zum Beispiel auf LinkedIn und Xing. Wenn du aktiv auf der Suche nach einem Job bist, sollten dich Headhunter und Recruiter leicht finden und erfahren, dass du verfügbar bist. Lass sie wissen, du suchst eine neue Herausforderung! Stelle ein schickes (Business-)Foto ein und passe das Wording deines Profils an die Stelle an, die du suchst.


Die sozialen Medien eignen sich hervorragend zur Jobsuche. Viele Businessnetzwerke haben eigene Jobbörsen in denen du dich registrieren kannst und über die du per Email Angebote in deiner Region erhalten kannst. Meiner Erfahrung nach, nutzen viele Arbeitgeber diese Möglichkeit Mitarbeiter zu suchen, da die Inserate hier kostengünstiger sind als die der klassischen Jobseiten wie Stepstone und Monster. Du solltest es dir zum Hobby machen, jeden Tag durch deinen Newsfeed auf LinkedIn und Xing zu scrollen, um dich mit deinem Netzwerk austauschen, Beiträge zu liken, zu kommentieren und interessante Themen zu teilen. Zeig dein Wissen in deinem Fachgebiet und knüpfe Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern.


Last but not least, ist die Übergangsphase eine phantastische Zeit um neue Dinge auszuprobieren. Schreibe den Blog, den du schon immer schreiben wolltest. Bilde dich weiter zum Beispiel mit Podcasts und lerne Neues, für das dir bisher die Zeit fehlte. Oder starte ein eigenes Business und mache deine Leidenschaft zum Beruf. Das Leben ist voller Möglichkeiten, die darauf warten entdeckt zu werden!


"How can I begin anything new with all of yesterday in me?" Leonard Cohen

3. Warten, bis die Seele nachkommt

In der Endphase meines alten Jobs habe ich funktioniert wie ein Duracell-Häschen. Ich habe Projekte finalisiert, Akten und Unterlagen fertiggestellt und übergeben, mich von Kunden verabschiedet, Mitarbeiter geschult, Zeugnisse geschrieben und und und... Es war soviel Arbeit meine eigene Position aufzulösen, dass ich rund um die Uhr aktiv war und mein Mann sich gefragt hat, ob und wann ich eigentlich wirklich mit dem Job aufhöre. Dann war auf einmal Weihnachten. Ich war zwar bei meiner Familie, aber der Geist war so unruhig und der Körper voller Adrenalin, so dass ich es gar nicht genießen konnte. Im Kopf ging ich immer wieder die Dinge durch, die noch zu erledigen waren. Obwohl ich zum 31. Dezember 2019 ausgestiegen war, saß ich im Januar wieder im Büro. Heute weiß ich, ich brauchte einen langsamen Abschied. Ich arbeitete von Woche zu Woche weniger, kam und ging wann ich wollte und baute so zunehmend Distanz zum Job auf. Am 31. Januar 2020 gab ich alle Geräte und Schüssel ab und verbschiedete mich von meinen Kollegen. Die Batterien waren völlig leer.


Mein Instinkt sagte mir aber, jetzt geht es erst richtig los, schließlich hatte ich darauf lange hingearbeitet mich endlich meinen eigenen Projekten widmen zu können. Ich wusste gar nicht wo ich anfangen sollte, der Tag hatte zu wenige Stunden. Und dann wurde ich krank, und wieder gesund, und wieder krank. Und da merkte ich ich ok, du musst erstmal die Akkus wieder aufladen, sonst geht hier gar nichts. Ich wollte auch nicht nur mit halber Kraft in diese neue Phase meines Lebens starten und auch nicht mit dem Gefühl ausgebrannt zu sein. Also nehme ich mir jetzt Zeit - Zeit für mich, Zeit zum Schlafen, Zeit zum Kochen, Zeit zum Entspannen, Zeit zum Lesen, Zeit zum Nichtstun, Zeit mit mir allein. Und es fällt mir nicht leicht, meine Gedanken voller Antrieb und Tatendrang wegzuschieben. Aber ich lerne gerade wieder wie Langeweile geht und ich weiß, dass ich das muss. Damit die Seele alles verarbeiten kann, was passiert ist. Damit die Akkus wieder aufgeladen werden, damit ich gesund und fit bleibe und Energie habe für all die Dinge, die auf mich warten.


Egal was dein Thema ist und warum du aus einem Job ausscheidest, nimm dir Zeit für dich bevor du weitermachst. Wir müssen uns heute so vielen Anforderungen im Berufsalltag stellen, unsere Leistungen immer auf den Punkt abrufen und in jedem Lebensalter so viele berufliche und persönliche Entwicklungen in einem rasanten Tempo bewältigen, das das schon mal psychischen Stress auslösen kann. Wann, wenn nicht jetzt, hast du die Zeit Körper, Geist und Seele wieder in Einklang zu bringen.


4. Du bist der Herr deines Zeitplans

Das was am Anfang beängstigend war, entpuppt sich jetzt für mich als Segen - ein leerer Terminkalender. Im Joballtag kannte ich das gar nicht mehr und bin jetzt umso glücklicher darüber, dass ich nun meinen eigenen Zeitplan verfolgen kann und auch die Möglichkeit habe, neue Routinen in den Alltag einzubauen. Zum Beispiel gönne ich mir jeden Mittag einen ausgedehnten Spaziergang in dem ich mir im Podcast von Igor Levit Beethovens Klaviersonaten erklären lasse. Herrlich - dafür hätte ich früher keine Zeit gehabt. Wenn ich wieder gesund bin, gehört das tägliche Work out natürlich auch wieder zum Alltag, aktuell muss ich noch pausieren. Und ich verabrede mich mit Freunden und Bekannten. So komme ich nicht nur aus dem Pyjama raus, sondern bleibe auch up to date was draußen so passiert. Und das ist wichtig! Bitte igelt euch nicht zu Hause ein und schottet euch ab vor der ach so bösen Welt! Ja ok, vielleicht ein paar Tage Zurückgezogenheit kannst du dir gönnen, aber dann komm in die Puschen und häng den Pyjama an den Nagel, denn da draußen spielt das Leben.


Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe neben meinen Fulltime-Job mein soziales Leben total vernachlässigt und das fehlt mir jetzt. Ergo suche ich Kontakt zu Gleichgesinnten im Netz und in real life. Ich verlagere meine Recherchen in den Coffee Shop, lese Bücher in der Bibliothek oder im Co-working space, treffe alte Arbeitskollegen zum Lunch, mach Dinner-Pläne mit Freunden, die ich ewig nicht gesehen habe und kann endlich zu diesen Afterwork-Parties gehen, für die ich früher nie Zeit hatte. Es ist wichtig sich auszutauschen und zu vernetzen, und darüber hinaus so hilfreich, wenn man Menschen trifft, die einem durch diesen Prozess hindurchhelfen.


5. Höre nie auf zu Lernen

Spätestens seitdem ich weiß, dass ich aussteige aus dem Job, habe ich angefangen Podcast zu hören. Es gibt so viele intelligente Menschen, die intelligente Podcasts zu allen möglichen Themen produzieren. Nur um mal einige Formate zu nennen: Der Role Models Podcast mit spannenden Persönlichkeiten von der Gründerin bis zum Vorstand, Das Morningbriefing von Gabor Steingart - die tägliche Portion News aus Politik und Wirtschaft, be your brand - der Podcast zum Personal Branding. Das Tolle ist, du kannst Podcasts auch hören wenn du was anderes machst. Als ich noch im Job war, habe ich Podcasts immer im Badezimmer gehört als ich meine Haare frisiert habe (und ihr wisst, wie lange das bei Frauen dauern kann! ;-)) Jetzt binde ich sie fast überall ein, beim Laufen, beim Kochen, beim Autofahren. Ich finde das ist ein großartiger Weg um sich zu einem bestimmten Thema zu informieren oder etwas Neues dazu zu lernen. Podcasts sind nur eine Möglichkeit von vielen, es gibt auch tolle Onlinekurse zu allen möglichen interessanten Themen. Wer den klassischen Weg bevorzugt, schaut am besten nach Workshops, Vorträgen oder 1:1-Coachings von öffentlichen oder privaten Bildungseinrichtungen.


Wir erleben zur Zeit den fundamentalsten gesellschaftlichen und industriellen Wandel der letzten Dekaden und dabei ist es extrem wichtig, dass jeder Einzelne von uns offen bleibt für neue Erfahrungen, konstantes Lernen und Gehirnjogging. Erst recht wenn du dich gerade in einer Übergangsphase von einem Job zum nächsten befindest und der Input nicht mehr automatisch durch die Arbeit kommt, solltest du dir Möglichkeiten und Themen suchen, die dein Wissen bereichern und deine Kenntnisse und Fähigkeiten wachsen lassen. Das ist die beste Vorsorge um auf dem Arbeitsmarkt ein gefragtes Talent zu sein und zu bleiben.

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